Vom Mittelalter bis in die Zeit Joseph II.
Französische Revolution und die Napoleonische Ära
Der königliche Protektor geht ins österreichische Exil
Die Wiedererrichtung des Großpriorates von Österreich
Nach der Zäsur durch den Zweiten Weltkrieg erfährt der Orden mit Ende der 1950er-Jahre beginnend eine Periode zunehmender Prosperität.
In den späten 1960er-Jahren war der Lazarus-Orden soweit gewachsen, dass die Idee der Wiedergründung einer österreichischen Ordensjurisdiktion abermals erwogen wurde.
Schließlich erfolgt im Jahr 1968 mit der Gründung des Großpriorates von Österreich die Wiedererrichtung einer österreichischen Jurisdiktion des Lazarus-Ordens durch das Großmagisterium unter dem XLVI. Großmeister Charles-Philippe d’Orléans, Herzog von Vendôme, Alençon und Nemours.
Damit schloss man in der Nachfolge an jene Ordensniederlassung an, die von 1257 bis 1785 in Österreich bestanden hatte. S.K.u.K.H. Erzherzog Leopold von Österreich, Erbgroßherzog der Toskana, wird als Großprior von Österreich eingesetzt.
In den folgenden Jahren gelingt es dem Orden, sein Wirken im karitativen Bereich entscheidend voranzubringen und seinen hospitalischen Auftrag im Sinne der christlichen Nächstenliebe umfassend zu leben. Neben zahlreichen Einzelinitiativen wird unter anderem das Lazarus-Hilfswerk als erstes Hilfswerk des Großpriorates von Österreich gegründet.
Ein weiteres deklariertes Ziel der damaligen Ordensleitung unter S.K.u.K.H. Erzherzog Leopold war es den Lazarus-Orden kirchlich und staatlich in einer angemessenen Rechtsform zu verankern.
Dieses Anliegen wurde vor allem durch den Statthalter S.E. Edmund Hammer Edler von Edmundstreu über die Jahre beständig vorangetrieben und wurde durch S.K.u.K.H. Erzherzog Otto und die höchsten kirchlichen Würdenträger des Ordens maßgeblich unterstützt.
Die kirchliche Anerkennung als Pia Unio
So erfolgte als finaler Schritt im Jahr 1977 die kirchliche Anerkennung des Großpriorates von Österreich in der Rechtsform einer “Pia Unio” nach dem Codex Iuris Canonici.
Im April 1976 befasste sich schließlich die Österreichische Bischofskonferenz mit der Frage der zukünftigen Rechtsform des Lazarus-Ordens.
Auf Basis des entsprechenden Beschlusses der Bischofskonferenz vom 6.–8. April 1976, errichtete Seine Eminenz Franz Kardinal König, per Dekret vom 15. Dezember 1977 (Z.1202-77), die kirchliche Vereinigung der Ritter des Heiligen Lazarus zu Jerusalem – Großpriorat von Österreich, oder kurz Lazarus-Orden, in der Rechtsform einer Pia Unio nach kanonischem Recht (can. 708 CIC/1917).
Mit diesem Rechtsakt wurde dem Großpriorat von Österreich Rechtspersönlichkeit für den kirchlichen Bereich verliehen. Auf Grund des Konkordats von 1933 Art. II. folgte die Rechtspersönlichkeit für den staatlichen Bereich mit 21. Juli 1980.
Damit kehrt, 94 Jahre nach Tod seines königlichen Protektors in Österreich, der Lazarus-Orden als kanonische Gemeinschaft zurück.
Das Großpriorat von Österreich existiert seither als kirchlich wie staatlich anerkannter Orden. Als kanonische Gemeinschaft der katholischen Kirche untersteht es der Jurisdiktion des Kirchenrechts und der österreichischen Bischofskonferenz. Obwohl kein Ritterorden päpstlichen Statuts, besteht der Lazarus-Orden im Großpriorat von Österreich als institutioneller Teil der kirchlichen Laienhierarchie.
Die Leitung des Großpriorates ist infolgedessen der kirchlichen Hierarchie und dem Codex Iuris Canonici verpflichtet, auf dem das kanonische Statut als Pia Unio beruht. Aufgrund dieses Rechtsstatus ist der Lazarus-Orden seit 1977 ein Großpriorat kirchlicher Observanz. Dadurch wurde die Exemtion vom Militärischen und Hospitalischen Ordens des Heiligen Lazarus zu Jerusalem und de iure Unabhängigkeit erlangt.
Dennoch war das Großpriorat von Österreich auch danach – sofern kein Widerspruch zum kanonischen Statut bestand – für karitative und spirituelle Initiativen in enger Kooperation mit dem Militärischen und Hospitalischen Orden des Heiligen Lazarus von Jerusalem (legitimer Orden unter dem spirituellen Protektorat der unierten melkitisch griechisch-katholischen Patriarchen und der Großmeisterwürde der Herzöge von Brissac und des Marques de Almazan) und stellt dessen österreichische Repräsentanz dar.
Kooperationen mit diversen illegitimen ‘Lazarus’-Gruppen, -Vereinen und ähnlichen selbstgegründeten Konstellationen erfolgen naturgemäß nicht.
Der Weg in das neue Jahrtausend
In den vergangenen Jahrzehnten konnte das Großpriorat von Österreich seinem hospitalischen Auftrag in zahlreichen karitativen Aktivitäten und Initiativen entsprechen.
Seit dem Jahr 1967 existiert die Sankt-Lazarus-Station im Haus der Barmherzigkeit – diese war die erste Initiative des Großpriorates von Österreich. Die Betreuung alter und demenzkranker Menschen wurde seither zu einer der wichtigsten Aufgaben im hospitalischen Wirken des Großpriorats von Österreich, dessen Angehörige bis heute ehrenamtliche Pflege- und Betreuungsdienste für die Bewohner im Haus der Barmherzigkeit leisten.
In den Jahren 1991 und 1993 werden die Lazarus-Altenhilfswerke ins Leben gerufen, die seither als dem Großpriorat angeschlossene Organisationen in der Steiermark an mehreren Standorten tätig sind. Auch wenn die Alten-Betreuung den deklarierten Schwerpunkt des hospitalischen Wirkens in Österreich darstellt, so waren immer auch andere soziale Brennpunkte Gegenstand des Engagements – wie die Betreuung Jugendlicher in der Jugendstrafanstalt Gerasdorf oder von Menschen mit Behinderungen im Karl-Ryker-Dorf.
In den Jahren 1991 bis 1995 wurde das St. Lazarus Hospiz für im polnischen Nowa Huta erreichtet. Die Errichtung dieses Sterbehospitzes für unheilbar Krebskranke entstand auf Initiative und unter Federführung von S.E. Prof. Dr.h.c. Franz Josef Federsel, damals Referendar und später Statthalter des Großpriorates von Österreich.
Der Bau, für den auch 4 Mio. US-Dollar vom internationalen Lazarus-Orden zur Verfügung gestellt wurden, fand das besondere Wohlwollen des Heiligen Papst Johannes Paul II., der sich vom österreichischen Statthalter regelmäßig über den Fortschritt berichten ließ.
Als am 14. Dezember 1995 die Einweihung des Hospizes erfolgte, war ein vielbeachtetes Projekt im Sinne der karitativen Sendung des Ordens gelungen, das weithin Anerkennung fand.
Daneben ist das Großpriorat von Österreich auch in zahlreichen nationalen und internationalen Projekten unterschiedlicher Größenordnung karitativ tätig. Im Sinne der gelebten christlichen Nächstenliebe liegt die Ausrichtung dabei stets in der Hilfe für die Armen und Schwachen. Auch die moderne Erfolgs- und Leistungsgesellschaft hat ihre Ausgestoßenen und besonders benachteiligten Menschen – sie können getrost als die “neuen Aussätzigen” betrachtet werden. Sie bedürfen barmherziger Hilfe.
Zur Setzung spiritueller Schwerpunkte finden regelmäßig Gottesdienste und Andachten, sowie Ordenswallfahrten in das Heilige Land, nach Santiago de Compostella und in Österreich statt. In diesem Sinne erfolgte den vergangenen zwei Jahrzehnten im Großpriorat von Österreich eine besondere Rückbesinnung auf das spirituelle Erbe und die authentische kirchliche Tradition des Lazarus-Ordens.